Eine Weihnachtsgeschichte
Ich verwalte für meinen Bruder eine Liegenschaft in St. Gilgen - wir vermieten dort einige Wohnungen. Wenn eine frei wird und ich inseriere sie, dann läuft meine Mailbox nach wenigen Stunden über - wir haben keinen hohen Zins, die Wohnungen sind schön, das Haus ist schön und die Nachfrage ist enorm. Als ich vor einigen Monaten nun das Inserat schaltete bekam ich mehrfach Anrufe mit einer ukrainischen Nummer. Weil ich bei solch einer Vorwahl meist an Phishing oder derartiges denke, habe ich nicht abgehoben. Dann bekam ich eine Mail von Ivan, so will ich ihn nennen. Dass er dringend für sich, seine Frau und seine beiden Kinder eine Wohnung in Gilgen sucht, aber nichts zu bekommen ist, da beide keine Arbeit haben dürfen, solange sie in der staatlichen Grundversorgung sind - als Vertriebene. Genauer erklärte mir das dann ihre Betreuerin, dich mich ebenso anrief und um Hilfe bat. Ich fragte meinen Bruder, er hatte nichts dagegen und so sagte ich ihnen eine Wohnung zu, auch ohne Job und Einkommen - das kommt dann schon, wenn man einmal eine Wohnung hat und aus der Grundversorgung draußen ist. Es beißt sich die Schlange ungut in den eigenen Schwanz - Arbeit nicht ohne Wohnung, Wohnung nicht ohne Arbeit. Wie soll jemand da je rauskommen?
Aber gestern war es soweit. Ich habe vier Schlüssel übergeben, wir haben im Keller auch noch Betten und einen Tisch gefunden, die sehr gut für sie passten. Und sie waren glücklich. Endlich wieder ein eigenes Leben in den eigenen vier Wänden.
Beim Verabschieden fragte mich Ivan ob ich katholisch bin und - nun - das kann ich schon sagen. Nicht im Sinne der katholischen Kirche, aber im Sinne von Jesus Christus. Er habe mir etwas gemalt. Er sei Ikonenmaler. Und im Stiegenhaus übergab er mir diese wunderschöne Ikone (siehe Bilder). Er lächelte. Nein - er strahlte. Ein Mann, dem man die Kämpfe der letzten Jahre ansah. Ich wollte ihn umarmen, aber hielt mich zurück. Ich studiere den Gesichtsausdruck des heiligen Säuglings, beim Anblick von Ochs und Esel. Ich studiere die Ausdrücke von Ochs und Esel. Mein Blick schweifte hin und her und ich spürte diese enorme Liebe - das Getragensein von göttlicher Kraft im dunklen, kalten Stall. Jesu Heiligenschein, der die Dunkelheit erhellt.
Es ist eine schöne Geschichte, finde ich. Nicht, weil ich geholfen habe. Wir sollten immer helfen. Sondern weil es zeigt, dass Gott uns immer hilft. Wenn wir ihn darum ersuchen. Nichts geht über unseren freien Willen. Gott respektiert ihn.