Gibt es "absolut gespeicherte Inhalte" im Körper? oder: Über die Stille

02.02.2024

Unser "Körper" erinnert uns durch "Empfindungen" andauernd daran, dass er da ist. Und wir wissen von sog. "Phantomschmerzen", dass Empfindungen auch trügerisch sein können. Am Ende ist der ganze "Körper", wie wir ihn wahrnehmen, eben auch nur eine "menschliche Wahrnehmung", die durch unsere Sinne und unsere Konzepte bereits geformt ist. Selbst die "Gene" unterliegen unserer Wahrnehmung - sie dienen als "Bauplan". Als "Abschreibvorlage" - insofern als "Gedächtnis", da sie die (Re)Konstruktion von Leben ermöglichen. Und dies, wie wir aus der Epigenetik wissen, in Wechselwirkung mit der "Umgebung", den "Lebensbedingungen" - sie sind also auch nichts "Statisches".

Wir sollten uns daher nicht am "Körper" festhalten, wenn wir etwas zum Festhalten haben wollen - etwas "Absolutes". Und wir Menschen möchten uns immer irgendwo festhalten. Der eine hält an der sog. "Autopoiese" fest, es soll sogar schon Streit gegeben haben wegen dieses Konzeptes, andere halten an der "Kopplung" von "Organismen" und "Psychen" fest. Und nehmen das ungeheuer wichtig. 

Und wieder andere meinen, im Körper müsse es ein "Körpergedächtnis" geben, in dem schlimme Ereignisse - meist geht es hier ja um "schlimme" Ereignisse, um sog. "Traumata" - "abgespeichert" sind. Ich bezweifle das. Ich bezweifle das deshalb, weil sich Körperzellen permanent teilen und sich ständig erneuern. Und welchen Sinn macht es für den "Körper" auch "geistige Konzepte" - und am Ende ist jedes Trauma ein "erlebtes Trauma" und damit bereits vergeistigt - "abzulegen"? Wozu sollte er das machen? 

Ich meine eher, wir fantasieren uns diese "verkörperten Erinnerungen" herbei, wenn Menschen Traumata immer wieder durchleben oder auch körperliche Beschwerden haben, die sie sich nicht erklären können und für die es keine "schulmedizinische Erklärung" gibt. 

Wenn wir auf ein Fahrrad steigen, so können wir das auch, haben wir es einmal gelernt, viele Jahrzehnte später. Wir haben abgespeichert, wie es geht. Damit wir diese Erinnerung aber im Hier-und-Jetzt real werden lassen können, brauchen wir etwas, das wir als Fahrrad zu betrachten gelernt haben. Daher ist nicht "das Radfahren" im Körper gepeichert, vielmehr zeigen sich bestimmte verkörperte Bewegungsabläufe im Hier-und-Jetzt und das auch nur dann, wenn ein Rad vorhanden ist. Diese Bewegungsabläufe haben etwas mit dem Gleichgewicht zu tun, das wir auch in anderen Kontexten trainieren können - wiederum verkörperte Bewegungsabläufe wiederholen, bis wir sie bis in die kleinste Faser des Körpers "gespeichert" haben. Was hier "abgespeichert" ist, ist jedoch nicht "das Radfahren". Es handelt sich um eine Abfolge von Bewegungen, die nur Sinn ergeben, wenn ein Fahrrad im Hier-und-Jetzt vorhanden ist und wir den ganzen Vorgang im Hier-und-Jetzt auf diese Weise konzeptualisieren. Das ist ein wesentlicher Unterschied! 

"In-sich" oder "für-sich" handelt es sich schlicht um eine "Abfolge von Bewegungen und Berührungen" - sensomotorische Muster

Wie merkwürdig, dass manche Menschen dann einmal etwas sehen oder erfahren, das sich jedoch unauslöschlich in ihr Leben zu fressen scheint. Weil es als so schrecklich empfunden wurde. Meines Erachtens ist das nur durch permanente geistige Wiederholung möglich, wie wir auch Trockentraining praktizieren können, um das Skifahren zu üben. Wir sollten jedoch kein Trockentraining betreiben, wenn wir etwas als "unangenehm" empfinden.

Wir können das "Unangenehme" in jedem Moment gehen lassen, wir können es jetzt gehen lassen, so wie wir all unsere Konzepte auflösen können. Wir können uns geistig immer dem Schönen und Angenehmen zuwenden. Wir müssen auch nicht Fahrradfahren, wenn wir das nicht wollen. Wir müssen es noch nicht einmal lernen, wenn wir nicht wollen. Wir können auch einfach zu Fuß gehen. 

Aber wer will das schon? Das ist ja ein riesiger Markt. Und wer arbeitet sich schon gerne selbst durch seine eigenen Konzepte? Es ist bequemer irgendwo hinzugehen - und die Therapeuten sollen "es" dann irgendwie "richten". "Auflösen" bitte! 

Am Ende des Tages sind wir mit unseren Konzepten aber doch alleine im Körper. Und am Ende des Tages können wir uns auch nur selbst ergründen, selbst wenn andere als Geburtshelfer fungieren können. Warum auch nicht? Ich will ja nicht den Geburtshelfern ihre Arbeit wegnehmen. Aber manche gebären auch ganz für sich alleine. Angstfrei. 

In Stille.

Die Stille ist äußerst heilsam. Und schön. Und friedlich. Ich liebe die Stille.